Seit 1970 stellt adidas den offiziellen Spielball für die Fußball-Weltmeisterschaft und seit 1984 auch für die Europameisterschaft. Ich selbst habe alle Bälle ab dem Jahr 1998 getestet. Der Grund dafür ist simpel: Erst ab diesem Zeitpunkt bestanden die Spielbälle aus Materialien, die auch nach Jahrzehnten noch stabil und spielbar sind. Bei älteren Modellen würde die Oberfläche schon nach wenigen Schüssen zerbröseln. Die EM-Bälle beziehe ich ein, weil sie sich häufig deutlich von den WM-Bällen unterscheiden und teilweise sogar Innovationen einführten, die später auch bei Weltmeisterschaften übernommen wurden.

WM 1998 – Tricolore

Der Tricolore war der erste adidas-Spielball, dessen Material auch langfristig stabil blieb. Besonders entscheidend war die neue Schaumschicht unter der Außenhaut – ein Aufbau, der bis heute in modernen Spielbällen Standard ist. Auch die Latexblase entspricht jener, die adidas bis 2010 verwendete.
Beim Spielen merkt man dem Ball dennoch sein Alter an: Er wirkt härter als moderne Fußbälle, fliegt langsamer, nimmt kaum Spin an und flattert fast überhaupt nicht. Die glatte Oberfläche macht ihn bei Kontakt leicht rutschig. Dennoch bleibt festzuhalten: Der Ball ist nach über 28 Jahren immer noch problemlos bespielbar. Trotz seines eher langsamen Flugverhaltens beschleunigt er gut, wenn man ihn sauber trifft. Insgesamt erinnert er im Spielgefühl eher an handgenähte Trainingsbälle – jedoch mit einer Materialqualität, die diese nie erreichen.
EM 2000 – Terestra

Der einzige EM-Ball, der sich praktisch überhaupt nicht vom vorherigen WM-Ball unterscheidet. Da mein Exemplar in einem insgesamt besseren Zustand ist als mein Tricolore, spielte er sich subjektiv etwas angenehmer – dies liegt aber höchstwahrscheinlich an der besseren Lagerung der letzten 26 Jahre.
Auch dieser Ball hält noch zuverlässig die Luft und ist weiterhin problemlos einsetzbar. Das zeigt eindrucksvoll, wie hochwertig die adidas-Bälle um die Jahrtausendwende konstruiert wurden.
WM 2002 – Fevernova

Beim Fevernova wurde die zuvor eingeführte Schaumschicht wieder entfernt. Stattdessen erhielt der Ball sechs Textilschichten unter der bekannten Außenhaut. Dadurch wurde er härter, gleichzeitig aber auch spürbar schneller.
Mit modernen Top-Spielbällen ist er dennoch nicht vergleichbar. Abgesehen von der Außenhaut findet man seine Konstruktion heute eher in hochwertigen Trainingsbällen als in Matchballs.
EM 2004 – Roteiro

Die große Revolution, die viele erst 2006 wahrnahmen, begann tatsächlich schon mit dem Roteiro. Optisch wirkt er traditionell, aber technisch ist er ein komplett neues Produkt: Zum ersten Mal bestand ein adidas-Spielball aus verklebten 32 Panels statt aus genähten. Die Struktur des Balls wurde nun von einer inneren Karkasse bestimmt, auf die die Panels lediglich aufgeklebt waren. Diese Grundkonstruktion wird bis heute genutzt.
Interessant ist, dass die Karkasse bis 2011 aus 12 zusammengenähten Fünfecken bestand – also theoretisch immer noch eine traditionelle Ballform im Kern. Das führte jedoch zu Druckpunkten an den Nahtstellen, die die Blase anfällig machten.
Das Spielgefühl war völlig neu: deutlich schneller, elastischer und mit spürbaren Flugbewegungen. Zeitzeugen berichteten mir, dass der Ball plötzlich 20 Meter weiter flog als alles zuvor. Auch ich konnte diesen Unterschied im Test nachvollziehen. Bei Nässe war der Ball rutschig, bei Trockenheit eher klebrig. Insgesamt aber bis heute ein voll einsatzfähiger Spielball – wenn man die unvorhersehbaren Flugkurven beherrscht.
WM 2006 – Teamgeist

Oft wird der Teamgeist als das Modell bezeichnet, das den großen Wandel brachte – dabei basierte vieles bereits auf dem Roteiro. Die eigentliche Revolution lag diesmal in der neuen Panelform: Statt 32 Panels hatte der Ball nur noch 14. Dadurch wurde der Ball nochmals weicher und noch schneller, gleichzeitig aber auch anfälliger für extreme Flatterbewegungen.
Viele Spieler bezeichnen den Teamgeist als den besten Fußball aller Zeiten. Fakt ist: Eine vergleichbare Fluggeschwindigkeit hat adidas seitdem nicht wieder erreicht. Bemerkenswert: Die adidas-Spielbälle von 2004 bis 2009 wurden von Molten produziert.
EM 2008 – Europass

Der Europass beruhigte den Teamgeist durch seine neue, genoppte Oberfläche etwas. Die härtere Struktur bot deutlich mehr Ballkontrolle, auch wenn das Flattern nicht vollständig verschwand. Der Ball blieb schnell und unberechenbar. Ich selbst besitze meinen Europass seit vielen Jahren – die Widerstandsfähigkeit ist hervorragend, selbst nach dutzenden Spielen.
WM 2010 – Jabulani

Der wohl berühmteste – oder berüchtigtste – Ball der Neuzeit. Der Jabulani besteht aus nur acht verklebten Panels und besitzt eine einzigartige Oberflächenstruktur mit Rillen. Spannend: Die Farbschicht liegt unter einer transparenten Schutzschicht, weshalb der Ball praktisch nicht abnutzt.
Das Flugverhalten ist so außergewöhnlich, wie man es heute noch beschreibt: Er flattert stärker als alle anderen Bälle. Selbst leichte Schüsse erzeugen instabile Flugbahnen. Auch bei kurzen Pässen spürt man sein nervöses Verhalten. Interessanterweise beschleunigt der Jabulani schlechter als seine Vorgänger, flattert aber mehr.
Torfabrik II (2011)

Zwar kein WM- oder EM-Ball, aber einer der drastischsten Wendepunkte im adidas-Design. Der Torfabrik I basierte auf dem Jabulani und sorgte für enorme Kritik. Der Torfabrik II wirkt, als hätte adidas einen früheren Prototyp des Jabulani-Designs wieder hervorgeholt, um sich vor weiterer negativer Presse zu schützen.
Der Ball hat nun wieder 32 Panels und eine deutlich härtere Oberfläche. Flattern praktisch nicht vorhanden, die Beschleunigung jedoch sehr gering. Ein großes Problem waren Qualitätsmängel: Viele Modelle verloren unmittelbar nach dem Kauf Luft – dies galt auch für die Europa-League- und Champions-League-Bälle von 2010 bis 2012.
EM 2012 – Tango 12

Der Tango 12 wirkt wie das ausgereifte Endprodukt des Torfabrik-II-Designs. Der Ball ist wieder weicher, beschleunigt sehr stark und flattert kaum noch. Er besteht aus 32 verklebten Panels und erstmals aus einer Karkasse, die nicht mehr aus zusammengenähten Fünfecken gefertigt war.
Dies verbesserte Rundheit und Haltbarkeit – wobei der Ball seine eigenen Materialschwächen hatte, zu denen es auf Ball One einen eigenen Artikel gibt. Insgesamt aber ein solider, griffiger und angenehm spielbarer Ball.
WM 2014 – Brazuca

Ein ikonischer Ball, nicht nur wegen des deutschen WM-Titels. Der Brazuca besteht aus nur vier Panels, ist weich, schnell, kontrollierbar und nahezu flatterfrei. Viele – mich eingeschlossen – halten ihn für einen der besten Spielbälle überhaupt.
Die Widerstandsfähigkeit ist herausragend: Ich besitze mehrere Bälle auf Brazuca-Basis, und alle sind nach vielen Jahren noch voll einsetzbar. Im Vergleichstest stach der Brazuca klar hervor.
EM 2016 – Beau Jeu

Optisch ähnelt der Ball stark dem Brazuca, doch im Spiel ist er deutlich anders. Die neue Oberflächenstruktur macht ihn härter und rutschiger. Zudem flattert er wieder häufiger. Insgesamt immer noch ein guter Ball, aber ein spürbarer Rückschritt gegenüber dem Brazuca.
WM 2018 – Telstar 18

Der Telstar 18 bringt nur leichte Änderungen im Paneldesign und besitzt sehr ähnliche Materialien wie der Beau Jeu. Eine besondere Weiterentwicklung ist nicht erkennbar. Mein Testmodell fühlte sich etwas härter und stabiler an – dies könnte aber schlicht an der Lagerung liegen. Die Widerstandsfähigkeit ist nach wie vor hoch.
EM 2020 – Uniforia

Optisch kaum vom Telstar zu unterscheiden, aber spielerisch ein drastischer Unterschied. Die härtere Oberfläche verschlechtert das Ballgefühl deutlich. Die Beschleunigung ist so schlecht wie lange nicht mehr. Beim Test erinnerte mich das Spielgefühl teilweise an ältere handgenähte Trainingsbälle.
Es war an diesem Tag relativ kalt, was die Elastizität zusätzlich reduzierte. Dennoch schnitt der Ball insgesamt schwach ab. Bei warmem Wetter wäre er sicher besser – aber die Grundprobleme bleiben.
WM 2022 – Al Rihla

Der Al Rihla besteht aus 20 Panels – eine neue Zahl im adidas-Portfolio. Die „Speedshell“ sollte den schnellsten Ball aller Zeiten ermöglichen. Dieses Ziel wurde aber verfehlt: Er ist zwar schneller als der Uniforia, aber deutlich langsamer als frühere Topmodelle.
Die Oberfläche ist besonders griffig, was ihn klar unterscheidet, im Gesamtbild aber nicht zu einer Verbesserung führt. Die 60-Euro-Competition-Version fühlte sich in meinem Test sogar besser an.
EM 2024 – Fußballliebe

Ein Ball, den ich sehr intensiv gespielt habe. Er beschleunigt gut, reagiert sauber auf Spin, flattert wenig und hat ein angenehm griffiges Ballgefühl. Im Vergleich zum Al Rihla ist er eindeutig besser.
Dennoch fällt im direkten Vergleich zu älteren Modellen auf, dass die jüngsten Bälle oft nicht mehr dieses „magische“, weiche Gefühl besitzen. adidas scheint sich zunehmend auf die Beschichtung zu verlassen – die kleinen Noppen wirken weniger effektiv als früher.
WM 2026 – Trionda

Der neue Trionda besitzt mit vier Panels die geringste Panelanzahl aller WM-Bälle. Ob er besser oder schlechter als der Fußballliebe ist, kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Manche Aspekte gefallen mir, andere weniger.
Nach mehreren Spielen gewöhne ich mich zunehmend an den Ball. Der Ballkontakt wirkt allerdings etwas weniger sauber als zuvor. Im Vergleichstest gelangen mir einige sehr gute Schüsse, und Flattern zeigt der Ball nahezu gar nicht.
Fazit
Fast alle adidas-Spielbälle haben eine beeindruckende Stärke: Langlebigkeit. Dass ich diese Tests überhaupt durchführen konnte, spricht für die Qualität der früheren Modelle. Doch in den letzten Jahren wirkten einige Entscheidungen eher ungewöhnlich.
adidas hatte sich einst zum Ziel gesetzt, die Farbe möglichst abriebfest zu machen – 2010 nutzte sie sich überhaupt nicht ab. Warum wurde dieser Ansatz wieder verworfen? Seit 2014 wurden die Spielbälle nicht wirklich besser. Der Brazuca war für mich ein nahezu perfekter Ball. Die neuen Modelle sind zwar solide, aber das besondere, weiche Spielgefühl scheint verloren gegangen zu sein.
Was all dies zeigt: Man braucht nicht den neusten Spielball, um höchste Qualität zu bekommen. Viele ältere Modelle spielen sich ähnlich gut – oder sogar besser – als die aktuellen.
adidas Trionda
adidas Trionda
Adidas Trionda
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